16. März 2022
Seit April 2020 ist die neue StVO in Kraft. In dieser Novellierung wurde auch der Überholabstand für das Überholen von einspurigen Fahrzeugen neu geregelt. Seither gilt innerorts ein Mindestabstand von 1,50 Metern (außerorts 2.00 Meter) beim Überholen von Fahr- und Motorrädern. Dieser Abstand gilt unabhängig von Fahrbahnmarkeirungen, also auch, wenn Schutzstreifen oder Radfahrstreifen vorhanden sind.
Da immer wieder zu beobachten ist, dass im Gebiet der Stadt Duisburg diese Abstandsregelung nicht eingehalten wird, bitten wir um die Beantwortung nachfolgender Fragen:
Wenn nein: Warum verzichtet die Stadt auf diese zusätzliche Regelung?
Uns ist bekannt, dass Doppelbeschilderungen eigentlich nicht vorgesehen sind und das Schild an vielen Stellen nicht für ein Überholverbot erforderlich ist, da der Mindestabstand auf jeden Fall
eingehalten werden müsste. Unsere Nachbarkommunen (z.B. Mülheim, Düsseldorf, Oberhausen Krefeld und Moers) setzten es aber dennoch ein. Auch Duisburg hat in Sonderfällen Doppelbeschilderungen
eingerichtet.
Gez. Herbert Fürmann
Beantwortung der Frage:
Aus verkehrsplanerischer, straßenbaubehördlicher und straßenverkehrsbehördlicher Sicht kann Folgendes mitgeteilt werden:
Überholen (§ 5 StVO) ist der tatsächliche Vorgang des Vorbeifahrens
-auf demselben Straßenteil
-an einem anderen Verkehrsteilnehmenden,
- der sich in derselben Richtung bewegt.
Damit ist z. B. das Vorbeifahren an einem Radfahrenden auf einem Schutzstreifen (= Fahrbahn) ein Überholvorgang, jedoch auf einem Radfahrstreifen (= Sonderweg) kein Überholvorgang, da es sich um einen anderen Straßenteil handelt.
Das Überholen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen (insb. § 5 Abs. 2 StVO) zulässig, welche darauf ausgerichtet sind, Gefährdungen auszuschließen.
Die Anordnung des Zeichens 277.1 (Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen) der StVO soll gemäß Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) nur dort erfolgen, wo aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere aufgrund von Engstellen, Gefäll- und Steigungsstrecken oder einer regelmäßig nur schwer zu überblickenden Verkehrslage ein sicherer Überholvorgang von einspurigen Fahrzeugen nicht gewährleistet werden kann.
An Gefahrstellen soll nur dann u. a. eine Anordnung von Überholverboten erfolgen, wenn Gefahrzeichen als Warnung oder Aufforderung zur eigenverantwortlichen Anpassung des Fahrverhaltens (VwV-StVO zu § 40 Gefahrzeichen I.) nicht ausreichen.
Allgemein sind Verkehrszeichen (§ 45 Abs. 9 StVO) ferner nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs bedürfen einer „qualifizierten/besonderen“ Gefahrenlage.
Zur Vervollständigung ist noch zu erwähnen, dass die Anbringung von Überholverboten gravierende Auswirkungen auf die allgemeinen Verkehrsabläufe, insbesondere den Verkehrsfluss haben kann. Aufgrund der fehlenden Überholmöglichkeit kann eine Pulkbildung hinter dem nicht zu überholenden Verkehrsteilnehmenden erwartet werden. Eine Absenkung der allgemeinen Fahrgeschwindigkeit auf das Niveau dieses Vorausfahrenden, nicht zu überholenden Fahrzeuges geht damit einher.
Darüber hinaus ist vor jeder Entscheidung/Anordnung im Rahmen eines rechtlich vorgeschriebenen Anhörungsverfahrens sowohl die Straßenbaubehörde wie auch die Polizei zu hören.
Somit ist festzuhalten, dass der Anwendungsbereich für das genannte Verkehrszeichen sowohl konkret vorgegeben wie auch stark eingeschränkt ist. Sofern im Einzelfall die (materiellen) Voraussetzungen der bestehenden Rechtsvorschriften vollumfänglich gegeben sind, wird das Verkehrszeichen „Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen“ angeordnet. Aktuell ist jedoch bisher kein Anwendungsfall eingetreten.
zurück zu Aktuell
zurück zu Anfragen zur Stadtentwicklung