15. Februar 2024
In vielen anderen Kommunen gab es bereits fraktionsübergreifende Initiativen, das Fahren
ohne gültigen Fahrschein zu entkriminalisieren. Bereits im Juni 2023 hatte z.B. der Stadtrat in
Düsseldorf den Beschluss gefasst, die Rheinbahn als kommunalen Verkehrsbetrieb anzuweisen, zukünftig auf Strafanzeigen gegen das sog. „Schwarzfahren“ zu verzichten. Auch unsere Fraktion hatte in den
letzten Jahren diesbezüglich immer wieder Anträge und Anfragen gestellt.
Die Gründe hierfür liegen auf der Hand und wurden sowohl von Sozialverbänden, aber auch von Jurist:innen angeführt. Die große Mehrzahl der „Beförderungserschleichung“
geschehen aus Armut. Die juristische Verfolgung ist aufwendig, die Eintreibung der Geldstrafen ist wenig einkömmlich und die oft wegen Nichtzahlung folgende Verurteilung zu einer Haftstrafe bis zu
mehreren Monaten, kostet den Staat 200 Millionen Euro pro Jahr (Stand: 2023).
Vor diesem Hintergrund bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Die Verwaltung und die DVG werden gebeten, den Personalaufwand zwecks
Ticketkontrolle und Eintreibungsmanagement, sowie die tatsächlichen Einnahmen aus eingetriebenen Geldstrafen in Relation zum Umsatz und zum Betriebsergebnis transparent darzustellen. In Zeiten des
auch in allen kommunalen Betrieben aufkommenden Personalmangels muss auch geprüft werden, ob das Personal nicht anderweitig beschäftigt werden kann im Sinne einer Kosten-Nutzen-Relation.
2. Wie hoch ist der Betrag, dem der DVG jährlich und geschätzt durch ticketloses Fahren entgeht?
3. Dementsprechend nicht zuletzt die Frage nach der Umsetzung der nicht strafrechtlich verfolgenden Entkriminalisierung des Fahrens ohne gültigen Fahrschein:
a) Was hindert die städtische Verwaltung und die DVG daran, ein Vorhaben nach z.B. Düsseldorfer Vorbild wenigstens zu prüfen und umzusetzen?
b) Welche möglichen Alternativen sieht die Verwaltung oder die DVG zwischen den beiden Polen Strafverfolgung oder Entkriminalisierung?
c) Wir bitten bei Ablehnung um eine Begründung, warum es aus der Sicht der
Verwaltung und der DVG beim jetzigen Modell unbedingt bleiben muss.
Gez. Mirze Edis
Beantwortung der Anfrage
Zu Frage 1:
Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) existieren Richtlinien, welche die Fahrausweisprüfung vorschreiben. Die Einnahmen der VRR-Verkehrsunternehmen stehen durch die geteilten Beförderungsleistungen in enger Abhängigkeit, sodass der VRR entsprechende Instrumente der Einnahmensicherung vorschreibt. Die Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG) hält sich an diese Vorgaben.
Die DVG setzt für die Ticketkontrollen MitarbeiterInnen eines Auftragsunternehmens ein. Der Einsatz von Ticketkontrollen steht inhaltlich auch nicht im Kontext mit dem Wegfall des Straftatbestandes. Die Notwendigkeit einer Ticketprüfung zur Sicherstellung der Ein-nahmen ist weiterhin gegeben. Darüber hinaus haben die Ticketkontrollen ebenfalls die Aufgabe für Sicherheit im ÖPNV zu sorgen und sie stellen durch ihre Präsenz ein Präventionsmittel gegen das Fahren ohne Ticket dar.
Zu Frage 2:
Allgemeine Untersuchungen sowie die Erkenntnisse aus den Kontrollen der DVG ergeben, dass im Schnitt 3 % der Fahrgäste bei dem heutigen Niveau der Fahrausweiskontrolle ohne gültiges Ticket unterwegs sind. Der dadurch entstehende Schaden hängt vom allgemeinen Tarifniveau ab. Bei dem jetzigen Tarifniveau und dem jetzigen Umfang der Ticketkontrolle liegen diese bei ca. 1,5 - 2 Mio. € im Jahr.
Hierzu ist zu bedenken:
Zu Frage 3a:
Die DVG schließt sich grundsätzlich der Stellungnahme (Anlage 1) des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zu diesem Sachverhalt an. Fahren ohne Ticket ist eine Straftat. Durch das Herabstufen zu einer Ordnungswidrigkeit bestraft man vor allem die ehrlichen Fahrgäste, die das Fahren ohne Ticket am Ende über die Ticketpreise mitbezahlen müssen. Dies belastet dann überwiegend Haushalte, die mit wenig Einkommen auskommen müssen sowie den kommunalen Haushalt. Zudem geht die abschreckende Wirkung einer drohenden Freiheitsstrafe als letzte Konsequenz verloren.
Zu Frage 3b:
Die Erfahrung zeigt, dass man zur Prävention von Fahren ohne Ticket zu Lasten der restlichen Fahrgäste auf regelmäßige Kontrollen und einen strengen Ordnungs-rahmen setzen muss.
Zu Frage 3c:
Die DVG ist in der aktuellen wirtschaftlichen Lage, insbesondere durch die gesunkenen Fahrgeldeinnahmen durch das Deutschlandticket, die unsichere Finanzierung des Deutschlandtickets über 2025 hinaus sowie bedeutende Investitionen in die Zukunft des ÖPNV in Duisburg nicht in der Lage, weitere Einnahmenverluste zu kompensieren.
Jede Anpassung der Regularien bewirkt dies aber. Die jetzige Fahrausweiskontrolle und der Umgang mit Fahren ohne Fahrausweis hat sich als bestes Mittel zur Einnahmesicherung eingespielt. Durch das Angebot des Deutschlandtickets (Schüler und Sozial für ab 39,- €) ist die Nutzung des ÖPNV deutlich günstiger geworden. Dies waren bereits wirksame Maßnahmen, um dem Fahren ohne Fahrausweis entgegen-zutreten. Leider wurden im Jahr 2024 aber nicht weniger Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis angetroffen, sodass es anscheinend nicht nur an dem Thema Armut und Preis zu liegen scheint.